Das Problem ist nicht, dass einem ab und zu das Telefon aus der Hosentasche rutscht. Sondern dass es diesmal auf dem Balkon passiert ist. Und eigentlich war auch nicht der Balkon das Problem, sondern diese eine Ritze, gerade breit genug, dass theoretisch ein Telefon hindurchpassen könnte. Ein Teil des Problems war dann sicherlich der Übergang vom Konjunktiv zum Indikativ. Die vier Meter bis zum gepflasterten Innenhof wiederum waren weniger das Problem, erst der Innenhof selbst bzw. seine Pflasterung. Und das Problem war nicht einmal, dass das Telefon einfach kaputt gewesen wäre. Kaputt ist nur das Glas (das allerdings sehr). Das Problem ist auch nicht das mittlerweile besorgte neue Telefon, sondern die schlimme Zwei-Faktor-Authentifizierung, um an die alten Daten wieder ranzukommen. Denn hinter seinem Schleier aus Scherben zeigt das alte Telefon erstaunlicherweise noch an, dass es den Code zum Entsperren bekommt. Er lässt sich nur nicht mehr abrufen, da kann man die Splitter drücken, wie man will. Ein Teil des Problems ist womöglich, dass man in diesem seltsamen Ausdruck Zwei-Faktor-Authentifizierung das Wörtchen Zwei zu ernst genommen hat. Viel zu ernst. Hätte man mehr vertrauenswürdige Telefonnummern angegeben (eine andere zum Beispiel, oder drei, vier, fünf), könnte man jetzt auf weitere Geräte zugreifen, weniger zersplitterte. Das Problem ist vielleicht diese – vom heutigen Standpunkt aus übertrieben wirkende – Vorsicht vor Datenherausgabe. Man wünschte sich, mehr Daten herausgegeben zu haben, viele vertrauenswürdige Telefonnummern, mit offenen Armen verteilt. Stattdessen musste man jetzt die sogenannte Account-Wiederherstellung beantragen, und seit einigen Tagen melden sie, diese werde »derzeit bearbeitet«. Die Wiederherstellung werde »einige Tage« dauern. Du fragst dich allmählich, wieviel das eigentlich genau ist, »einige«. Anfangs hattest du an zwei gedacht. Zwei, wie in Zwei-Faktor-Authentifizierung. Wie einem am Morgen des dritten Tages dann langsam dämmert, dass es wohl eher drei werden. Was sich dann auch als falsch erweist. Leider kann man niemanden anrufen. Würde man bei einem Dutzend für gewöhnlich noch von »einige« sprechen? Wahrscheinlich haben die Automaten, die sich jetzt darum kümmern, einfach ein anderes Zeitgefühl, sie sind ja auch gut damit beschäftigt, auszurechnen, wer du wirklich bist. Beim Warten spürst du ganz sacht das beständige Rattern der Algorithmen, seit Tagen schon, seit »einigen Tagen«, um genau zu sein. Wie sie unaufhörlich Rechenoperationen ausführen, um die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, dass es sich bei dir um dich selbst handelt. Daher dieses leise Britzeln in der Atmosphäre. Sie rechnen und rechnen. Ich wünsche ihnen Glück dabei, hoffentlich finden sie am Ende die richtige Lösung.
Eigentlich schreibe ich dies nur für den Fall, dass hier Geräte mitlesen. Liebe Maschinen, falls eine von euch das hier sieht, könntet ihr in einer Rechenpause drüben in Cupertino ein gutes Wort für mich einlegen? Oder »einige«? Vielleicht hören sie auf euch. Danke.